Hochtour in Bern / Schweiz am 11. August 2018

Schreckhorn

Mit dabei: Alexander M., Danny L.

Lange und anspruchsvolle Tour auf einen Berner Viertausender

Danny und ich hatten schon länger ein August-Wochenende für eine Tour reserviert. Nach dem tollen Erfolg am Grand Combin wollten wir nun auch im Sommer wieder etwas gemeinsam unternehmen. Lange schwirrten verschiedene Ideen herum – Biancograt, Breithorn-Überschreitung, Bietschhorn … bis Danny plötzlich das Schreckhorn vorschlug und ich nichts dagegen zu argumentieren wusste.

Mit voll bepackten Rucksäcken fahren wir nach Grindelwald und bewältigen die ersten Höhenmeter mit der Seilbahn zur Pfingstegg. Von dort führt uns der Hüttenweg – der für sich alleine schon ein Ausflug Wert ist – vorbei an der Gletscherschlucht, dem Bergrestaurant Bäregg, dem Aussichtspunkt Bänisegg, weiter hoch bis zur Schreckhornhütte, die wir am Nachmittag erreichen. Ehrfürchtig blicken wir hoch zum Schreckhorn und hinüber zu den hohen Gipfel, von denen wir auf einigen schon selber stehen durften: Mönch, Gross Fiescherhorn, Finsteraarhorn etc.

Kurz nach der Pfingstegg – Klein und Gross Fiescherhorn

 

Übersicht

 

Blicke hoch zum Mittellegigrat am Eiger

 

In der Bänisegg erwarten uns die ersten Blicke zum Schreckhorn und dem Oberen Ischmeer

 

Das Ende des Oberen Ischmeer

 

Blick hinüber: Walchergrat, hinten der Mönch, Eiger

 

Ankunft bei der Schreckhornhütte

In der Schreckhornhütte werden wir vom sympathischen Hüttenwart begrüsst – hier fühlt man sich gleich wohl. Nach einem schönen Nachmittag in der Sonne ist es schon bald einmal Zeit für das Nachtessen. Die Hüttencrew meistert die volle Hütte mit links und serviert uns u.a. einen feinen Braten.

Tolle Szenerie: Oberes Ischmeer, und dahinter Finsteraarhorn, Agassizhorn, Kleines Fiescherhorn

Nach einem letzten Material-Check geniessen wir die schöne Abendstimmung und legen uns bald einmal schlafen, denn um 1:50 Uhr soll schon wieder der Wecker läuten.

Noch etwas verschlafen vernichten wir am nächsten Morgen um 2 Uhr ein paar Brotscheiben, trinken tassenweise Kaffee und bereiten uns auf einen langen Tag vor. Als wir in die dunkle Nacht hinaustreten, erwartet uns ein sternenklarer Himmel mit einer Milchstrasse, die ich schon lange nicht mehr so klar sehen durfte. Und immer wieder schiessen Sternschnuppen über das Firmament – es ist eine Perseidennacht. Zunächst wandern wir absteigend über den Hüttenweg, und dann entlang von Markierungen hinunter auf das Obere Ischmeer, das sich hier als flacher, fast spaltenloser Gletscher präsentiert. Diesem folgen wir bis der Gletscher ansteigt, und eine Tafel mit Katzenaugen die Abzweigung in Richtung Gaagg markiert. Das Hüttenteam hat hier volle Arbeit geleistet und die in der Nacht nicht so leicht zu findende Route mit kleinen, aber äusserst hilfreichen Katzenaugen markiert. Nun gelangen wir auf den Zickzack-Weg, der uns in schon fast meditativem Rhythmus hoch zum Gaagg führt.

Beim Gaagg angekommen schnallen wir uns die Steigeisen an die Schuhe, seilen uns an und steigen über den Schreckfirn bis zum Einstieg zur Schreckhorn-Rampe. Noch immer ist es dunkel – erst allmählich beginnen sich die Konturen der Berggipfel rundherum abzuzeichnen. Von Gipfelaspiranten des Vortages haben wir erfahren, dass auf der gesamten Route von hier bis zum Gipfel aktuell weder Steigeisen noch Pickel notwendig sind, weshalb wir ebendiese hier am Bergschrund deponieren und mit einem leichten Rucksack starten können.

Nun folgt der Aufstieg entlang der sog. „Rampe“ bis zur Schulter des SW-Grat. Hier wurde der Aufstieg neu markiert und eingerichtet, doch wir lassen uns von einer vorangehenden Seilschaft verleiten, folgen ihr zu weit nach links (W) und müssen – etwas mühsam und vor allem anspruchsvoller – durch eine Rinne (IV) hochsteigen, um schliesslich wieder auf die Rippe an der Rampe zu gelangen. Nach diesem Verhauer geht es nun bei Tageslicht besser voran und wir können über kompakten Fels bis zur Schulter hochsteigen.

Die Sonne ist bereits aufgegangen am Finsteraarhorn

 

Gross Grünhorn, Fiescherhörner

Nach der Schulter – unterdessen ist es taghell, doch wir befinden uns noch im Schatten – steilt das Gelände am SW-Grat auf und wir wechseln vom laufenden Seil in die klassische Standplatzsicherung. Wir kletterten meist ohne Zwischensicherung. Wer hier mehr Sicherheit bedarf, für den wird die Zeit auf den Gipfel knapp. Obwohl wohl über 10 Seilschaften am Berg sind, verteilen sich die Gruppen gut am Berg. Während die ersten Frühaufsteher sich schon bald wieder am Abstieg befinden, seilen sich die langsamsten Seilschaften erst grad am Gaagg an, und andere müssen die Segel streichen und wieder umkehren. Wir befinden uns irgendwo dazwischen und kommen für unsere Erwartungen gut voran.

Der Weiterweg von der Schulter

 

Hier kann man sich einfach nicht sattsehen

Der Aufstieg von der Schulter zum Gipfel zieht sich in die Länge, doch die Kletterei im Gneis bereitet viel Freude! Zunehmend macht sich die dünne Luft bemerkbar, und die Pausen zwischendrin dienen nicht nur dem Fotografieren, sondern auch dem Ausruhen.

Und dann, um 9:30 Uhr, stehen wir plötzlich am Vorgipfel, und bis zum Hauptgipfel sind es nur noch wenige Minuten und ein paar vergnügliche Meter über den Verbindungsgrat. Überglücklich können wir uns bald in die Arme fallen und uns zum Gipfelerfolg gratulieren – im Wissen jedoch, dass noch nicht einmal die Hälfte der heutigen Tour geschafft ist.

Danny auf dem Schreckhorn

 

Der Autor auf dem Schreckhorn

 

Aussicht zum Thunersee

 

Aussicht nach Osten – bis zu Säntis und Glärnisch

 

Tiefblicke zu Wetter-, Mittel- und Rosenhorn, dahinter der Pilatus

Nach einer gemütlichen Pause auf dem geräumigen Gipfel beginnen wir mit dem Abstieg. Den grössten Teil davon bewältigen wir mit Abseilen, und dort wo das Gelände gutmütiger ist, mit Abklettern oder Absteigen.

Danny am Abseilen, und 1500m weiter unten der Ischmeer-Gletscher

 

Fantastische Tiefblicke auf den SW-Grat und die Schulter (Foto: Danny)

 

In einer der ca. 20 Abseillängen (Foto: Danny)

 

Zwischendurch immer wieder Gehgelände (Foto: Danny)

Mit unserem 50m-Seil kommen wir überall ohne Probleme durch, und so kommen wir der Schulter immer näher. Von dort gelangen wir nun, teilweise abkletternd, teilweise wieder mit Abseilen, hinunter bis zum Bergschrund. Im unteren Bereich wurden neue, mit roten Punkte markierte Stände eingerichtet, sodass man sich bequem bis zum Bergschrund abseilen kann. Weil wir hier noch einer anderen Seilschaft beim Abseilen helfen, verlieren wir etwas an Zeit – doch das Wetter heute ist derart stabil, dass wir uns darüber keine grossen Sorgen machen müssen.

Überglücklich, oben gestanden zu sein. Aber auch glücklich, wieder unten zu sein! (Foto: Danny)

 

Rot: Unsere ungefähre Route; orange: die vermutlich korrekte Route

Nach der langen Zeit am Fels sind wir nun froh, rasch über den Gletscher und weiter über den Wanderweg absteigen zu können – im Wissen, dass uns nachher noch ein langer Abstieg nach Grindelwald bevorsteht.

Zurück am Oberen Ischmeer – hinten rechts die Schreckhornhütte

 

Oberes Ischmeer – bereits in der Abendsonne

Kurz nach 17 Uhr sind wir zurück auf der Schreckhornhütte und können überglücklich auf den Gipfelerfolg anstossen. Gestärkt machen wir uns an den Abstieg, auf dem T4-Weg hinunter zur Bänisegg und von dort auf zunehmend besserem Weg via Bäregg zurück zur Pfingstegg. Dort angekommen, ist es schon fast 21 Uhr, und die letzte Bahn bereits seit 2 Stunden abgefahren. Für den letzten Abstieg nach Grindelwald wählen wir den knieschonenden Kiesweg via Obri Sulz.

Ein letzter Blick zurück zum Schreckhorn

 

Auf dem langen Abstieg hinunter nach Grindelwald

Gegen 22 Uhr erreichen wir – 19.5 Stunden nach unserem Aufbruch in der Schreckhornhütte – müde und ziemlich fertig den Bahnhof Grindelwald. Glücklicherweise reicht es noch für eine Bus-/Zugverbindung nach Zürich, sodass wir nach diesem ereignisreichen Tag die Nacht im eigenen Bett verbringen können.

Karte