Wanderung in Finnmark / Norwegen am 03. Juli 2011

Slettnes Naturresservat

Mit dabei: Alexander M.

Polarnächtlicher Streifzug durch das Naturreservat Slettnes auf der Nordkinn-Halbinsel – der nördlichsten Region des europäischen Festlandes – mit unerwartetem Ausgang.

Im Rahmen der Ferien in Lappland reisen wir mit dem Hurtigrouten-Schiff (MS Nordkapp) von Kirkenes (NO) zum kleinen Dörfchen Mehamn auf der Nordkinnhalvøya. Auf einem Parkplatz unweit des Slettnes-Leuchtturmes schlagen wir unser Nachtlager auf. Dank der Mitternachtssonne ist es hier zu dieser Jahreszeit immer hell; die Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad Celsius; meist weht ein zügiger Wind von der Barentsee.

Um 3 Uhr starte ich beim Nachtlager und wandere gemütlich über die Ebene zum (unbenannten) Fjell. Die Distanzen täuschen: Was zunächst nach einem kurzen Spaziergang aussieht, wird zu einem 4km-Marsch durch die Hochalpen-ähnliche Ebene, vorbei an Seen und Mooren zum flachen Fjell. Von hier steige ich über die steile Flanke zum Ufer der Barentsee ab. Trittspuren führen kurzweilig durch die Klippen, wo ich auf zahlreiche angeschwemmte Baumstämme, Pet-Flaschen und Schwimmer-Kugeln von Fischernetzen stosse. Schliesslich gelange ich zur kleinen Siedlung Steinvag. Hier sollen offenbar schon um 1600 Samen gewohnt und Fischfang betrieben haben, später die so genannten Pomoren. Dahinter befindet sich der sog. Amundsen-Fels – eine Silhouette, die dem Gesichtsprofil des bekannten Polarforschers gleicht (den Hinweis dazu habe ich jedoch erst nach der Tour im Internet gefunden). Von dort auf dem Wanderweg in Richtung Slettnes Fyr, dem – je nach Quelle – weltweit nördlichsten Leuchtturm auf Festland, oder immerhin des europäischen Festlandes. Man sieht – eine Tour der Superlativen hinsichtlich geografischer Zahlenspielereien. Wenn wir schon dabei sind: Die Parkplätze rund um Slettnes werden überaus auch als die nördlichsten Campingplätze des Festlandes (weltweit) bezeichnet – Quelle unbekannt.

Nun zum wahren Highlight der Tour: Auf dem Rückweg über den Wanderweg, welcher durch eine Moorlandschaft führt, bietet sich ein eindrückliches Schauspiel: Weisse Möwen und dunkelbraune, grosse Vögel einer anderen – mir unbekannten – Art, liefern sich erbitterte Revierkämpfe in der Luft. Zahlreiche Aas-Teile zeugen davon, dass diese nicht immer für alle glimpflich ausgehen. Was für mich anfänglich sehr interessant zu beobachten war, wandelt sich in ein Schrecken, als ich merke, dass plötzlich ich zum Subjekt der Angriffe werde: Während mich die Möwen ausser acht lassen, fliegen die braunen Vögel abwechselnd mit grossem Tempo auf mich zu, um jeweils kurz vor meinem Kopf noch abzudrehen. Ich versuche, meinen Kopf mit den Händen zu schützen, und erhöhe mein Gehtempo. Glücklicherweise kommt es zu keinen tätlichen Angriffen; immer wenn ich denke „jetzt hat er mich“, dreht der Vogel im letzten Moment noch ab. Dass die Vögel Schwimmhäute an den Zehen haben, stimmt mich ebenfalls zuversichtlicher: Es handelt sich also nicht um Greifvögel. Die Situation bleibt eher unangenehm, hat aber auch etwas sehr Spannendes an sich. Sobald ich ca. hundert Meter weiter bin, lässt mich der Vogel in Ruhe, und ich gelange in den Hoheitsbereich eines anderen. So bleibt es spannend, bis ich vom Wanderweg auf die Kiesstrasse gelange.

Von dort gehts zurück zum Nachtlager, wo ich mich gemütlich zur Ruhe lege. Später an diesem Tag statten wir dem Leuchtturm einen Besuch ab (und treffen dort prompt auf zwei andere Schweizer). Die Schnapsidee, in der Barentsee zu baden, lassen wir aufgrund der frischen Temperaturen bald fallen ;-)

Anmerkung: Die Uhrzeiten auf den Fotos stimmen aufgrund des Zeitverschiebungs-Mischmaschs und der Tatsache, dass ich zwei Kameras dabei hatte, leider nicht.

Nachtrag: Offenbar handelt es sich bei der oben erwähnten Vogelart um die Schmarotzer-Raubmöwe. Gemäss Wikipedia-Eintrag ist die Spezies bekannt für das beherzte Verteidigen der eigenen Brutnester. Sie ernährt sich vorzugsweise von der Beute anderer Möwen und lebt in zirkumpolaren Regionen.

 

Infos zur Tour

T1  Schwierigkeit
2 Stunden Dauer
200m Aufstieg
200m Abstieg
10 Distanz

Karte